Das Blättchen
Zweiwochenschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft.
In der Tradition der Weltbühne von Siegfried Jacobsohn (1881-1926), Kurt Tucholsky (1890-1935) und Carl von Ossietzky (1889-1938).
Editorial
Berlin ist Hauptstadt, Berlin ist Regierungssitz, Berlin liegt im Osten, hier erscheint Das Blättchen. Wir schauen mit dem Blick des Ostens auf diese Welt. Auch zwanzig Jahre nach Wende und deutscher Einheit ist der Westen noch immer weitgehend unter sich – der Osten sitzt in der ersten Reihe und nimmt übel. Mit unterschiedlichen Intentionen wird heute der Ost-West-Gegensatz gepflegt. An diesem Spiel beteiligen wir uns nicht, auch wenn dies gelegentlich schwerfällt.
Politische Konstellationen interessieren uns mehr als geographische. Der gesamtdeutschen feuilletonistischen Geschwätzigkeit fügen wir keine ostdeutsche Spielart hinzu. Wir mischen uns ein und entschuldigen uns nicht. Je schamloser sich der globale Tanz um das goldene Kalb dreht, je mehr werden wir an die Stimmung in der späten DDR-Gesellschaft erinnert und an deren Zynismus: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.“
In einem Land, in dem nur noch geredet, aber nichts mehr gesagt wird, braucht es einen neuen Blick. Wenn der Osten dem Westen etwas voraus hat, dann die Erfahrung des Scheiterns – und die des Lebens danach.
Der Blick aus dem Osten: Er ist beeinflusst von den Linken der Weimarer Republik, nicht zuletzt von Siegfried Jacobsohn, Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky; von den Linken, die in aussichtsloser Lage dem deutschen Faschismus zu widerstehen suchten. Dieser Blick ist geprägt durch die Entwicklungen und Ereignisse nach 1945: den Stalinismus, der, so oder so, alle betraf; den Konflikt zwischen Ost und West; Anpassung und wenig Widerständigkeit; Hoffnungen nach dem Mauerbau und Enttäuschung nach dem Prager Frühling; den Opportunismus und die geballte Faust in der Tasche; den vermeintlich neuen Anfang mit dem VIII. Parteitag der SED und die Ernüchterung nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns.
Es folgten die fröhliche Depression der frühen achtziger Jahre und die skeptische Euphorie nach dem Antritt Gorbatschows; die Verständnislosigkeit gegenüber der Opposition; der bleierne Sommer 1989 und die Angst am 7. Oktober; die Wut über die sprachlosen Bekenntnisse von Egon Krenz und den weltverändernden Dilettantismus vom 9. November; die chaotische Hoffnung der Runden Tische und die schließliche Ankunft im realexistierenden Kapitalismus.
Auch wenn Information und Argumentation zu unserem Selbstverständnis gehören: Wir wollen nicht agitieren. Nach 13 Jahren der Existenz dieser bescheidenen Publikation wissen wir, dass Blättchen-Leser anspruchsvoll und hochgebildet sind, sie suchen bei uns weniger nach Halt sondern vielmehr nach Bereicherung eigenen Denkens durch Abgleich mit dem anderer. Es geht uns um Anregung und Austausch, der – auch im Streit – produktiv werden kann für linkes Denken und Handeln innerhalb und jenseits jedweden parteipolitischen Kanons.
Erlesenes – Edels Berliner Westen, Stöckels Bärensuche und „Jud Süß“
Spanische Impressionen – Carmona und Córdoba
Deutsche Interessen und Perspektive
Die EZB betreibt keine Preispolitik
Chinas Null-Covid-Strategie
Krieg der Illusionisten
Stippvisite in Colmar
Das Schlimmste verhindern
Der gefesselte Amor
Dialog oder Duell mit Russland?
Das Blättchen
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Beschreibung | Elektronische Zeitschrift |
Fachgebiet | Politik, Kultur, Wirtschaft |
Sprache | Deutsch |
Hauptsitz | Berlin |
Erstausgabe | 1997 |
Erscheinungsweise | 14-täglich |
Chefredakteur | (kollektiv) Wolfgang Brauer, Jürgen Hauschke, Max Klein, Detlef-Diethard Pries, Wolfgang Schwarz |
Herausgeber | Freundeskreis des Blättchens |
Weblink | das-blaettchen.de |
Artikelarchiv | das-blättchen-archiv |
ISSN (Print) | 1434-0550 |
Das Blättchen ist eine seit 1998 in Berlin erscheinende Zweiwochenschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Nullnummer des Blättchens (print) erschien im Dezember 1997, ursprünglich im Verlag des Blättchens, herausgegeben vom Freundeskreis des Blättchens unter der Leitung von Jörn Schütrumpf. Das Heft Nummer 20 des 12. Jahrgangs vom 28. September 2009 war die letzte Druckausgabe.[1]
Seit Januar 2010 wird „Das Blättchen“ online weitergeführt (bis 2011 unter Leitung von Wolfgang Sabath, seitdem in kollektiver Verantwortung, ohne ausgewiesenen Chefredakteur). Wegen eines Wechsels in der redaktionellen und technischen Verantwortung ging die Website am 8. November 2010 vorläufig vom Netz. Seit dem 10. Januar 2011 erfolgt die Online-Publikation wieder regelmäßig.[2] Hinzu kommen seither bis zu vier (sporadische) Sonderausgaben pro Jahr. Die Ausgabe 3/2024 war die 700. seit der Nullnummer (print).[3]
„Das Blättchen“ publiziert sämtliche Inhalte ohne Bezahlschranke[4] und bietet darüber hinaus seine Ausgaben im Abonnement (kostenpflichtig) in den Formaten PDF, EPUB und MOBI an. Einzelbeiträge aus den Blättchen-Ausgaben sind jeweils auch über das Internetportal Linksnet abrufbar.
Das Redaktionsteam besteht derzeit aus Wolfgang Brauer (Germanist; früher langjährig Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin), Jürgen Hauschke (Germanist), Max Klein (Physiker), Detlef-Diethard Pries (Journalist; ehemals nd-Redakteur), und Wolfgang Schwarz (Politikwissenschaftler und Publizist).[5]
Der Herausgeber war zunächst Heinz Jakubowski; seit seinem Ausscheiden im Jahr 2014 fungiert als solcher der Freundeskreis des Blättchens, außerdem wird der verstorbene Wolfgang Sabath angeführt.
Profil und Autoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ebenso wie das Parallelblatt Ossietzky lehnte sich Das Blättchen eng an die in der Weimarer Republik erschienene Wochenzeitschrift Die Weltbühne an. Der Begriff ‚Blättchen‘ war damals der redaktionsinterne Spitzname der Zeitschrift, der von Siegfried Jacobsohn und Kurt Tucholsky gebraucht wurde. Ebenso wie das Vorbild wurde Das Blättchen (print) im DIN-A5-Format mit markantem tiefrotem Einband publiziert und verzichtet (von sehr seltenen Ausnahmen abgesehen) bis heute auf Fotos, Bilder und Grafiken.
Zu den ständigen Autoren des Blättchens gehören Edgar Benkwitz, Wolfgang Brauer, Ulrich Busch, Erhard Crome, F.-B. Habel, Klaus Hammer, Renate Hoffmann, Mathias Iven, Mario Keßler, Eckhard Mieder, Dieter Naumann, Manfred Orlick, Jan Opal, Frank-Rainer Schurich, Wolfgang Schwarz, Reinhard Wengierek, Stephan Wohanka.
Für Das Blättchen schrieben auch: Kai Aghte, Uri Avnery, Günther Drommer, Horst Grunert, Klaus Hart, Dieter B. Herrmann, André Herzberg, Heerke Hummel, Detlef Kannapin, Fritz Klein, Thomas Kuczynski, Ove Lieh, Liesel Markowski, Julia Michelis, Martin Nicklaus, Daniel Rapoport, Jochen Reinert, Wilfried Schreiber, Siegfried Schwarz, Jerry Sommer, Uwe Stelbrink, Erhard Weinholz.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Einzelbeiträge aus: Das Blättchen – bei Linksnet
- Der Streit um die Rechte am Namen Weltbühne – bei der Tucholsky-Gesellschaft
- Editorial zum Neustart am 10. Januar 2011 und erneut zum 20-jährigen Jubiläum der Print-Ausgabe.
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Peter Jacobs: Landung zwischen den Stühlen. Nach zwölf Jahren „freudvollen Tuns“ verabschiedet sich „Das Blättchen“ vom Zeitungsmarkt ins Netz. In: Berliner Zeitung, 1. Oktober 2009
- ↑ Wolfgang Schwarz: Editorial. Hiermit meldet sich Das Blättchen zurück. In: Das Blättchen. 14. Jahrgang, Nummer 1, Berlin 10. Januar 2011, ISSN 1434-0550. (das-blaettchen)
- ↑ Antworten, Bemerkungen. Letzte Meldung: „Seit dem Erscheinen der Probeausgabe im Jahre 1997 ist diese Blättchen-Nummer die insgesamt 700. Ausgabe.“ In: Das Blättchen, Ausgabe 3, Berlin 29. Januar 2024, ISSN 1434-0550. (das-blaettchen.de)
- ↑ Margit van Ham, Wolfgang Brauer, Detlef-Diethard Pries, Wolfgang Schwarz: Editorial 2.0. In: Das Blättchen, Berlin 2017, Januar, ISSN 1434-0550. (das-blaettchen)
- ↑ Impressum des Blättchens, abgerufen am 25. Januar 2024.