Streifzüge, Heft 37
Juni
2006
2000 Zeichen abwärts

Der kritische Konsument

„Der Kunde ist König“, propagierte man früher. Heute hat der Konsument ein kritischer zu sein, der „grüne Punkt“ am bunten Giftcocktail?

Er soll die Produkte der (bösen) „Geschäftemacher“ meiden und anstatt dessen faire und ökologische zu gerechten Preisen kaufen. Wie aber gehen solche Attribute mit den Gesetzen des Marktes zusammen? Das Wunderwesen „kritischer Konsument“ kann angeblich bestimmen, was wie produziert wird und was auf dem Markt angeboten wird. Wenn er wirklich was zu sagen hätte, der kritische Konsument, hätte er wohl den herrschenden Irrsinn des Warenschrotts und der globalen Vermüllung schon zu verhindern gewusst. Abgesehen davon, dass der Mensch in einer emanzipierten Gesellschaft kein Konsument mehr wäre (die Charktermaske Konsument ist ja nur die Kehrseite des Lohnarbeitenden), wie sollte das denn funktionieren, immerzu p. c. einzukaufen? Soll der Konsument alle Supermärkte abklappern, um sich in jedem vom kleinen Bio-Sortiment mit dem Notwendigen einzudecken? Soll er immerzu in einen weit entfernten Bioladen pilgern – womöglich mit dem Auto? Warum wird ausgerechnet der Konsument, also der „Endverbraucher“, das letzte Glied in der Kette, mit der ehrenwerten Aufgabe betraut, sich p. c. zu verhalten? Warum soll der Konsument mit hängender Zunge und ohne die nötigen finanziellen Mittel die (wesentlich) teureren fairen Öko-Rosinen mühselig aus dem monströsen Giftkuchen herauspicken? Und die Masse der „Versorger“ darf immer mehr Schadstoffe und Genveränderungen in den Wareneintopf mischen? Die systemlogische Frage müsste zumindest lauten: Wäre es nicht einfacher, wenn es überhaupt nur faire und ökologische Produkte zu „gerechten“ Preisen für alle und „gerechte“ Löhne für die Produzenten gäbe? Aber ist noch niemandem aufgefallen, dass es in einer Marktwirtschaft, in der die Verwertung oberstes Gebot ist, nur marktgerecht zugehen kann und „der kritische Konsument“ nur ein moralischer Popanz sein kann?

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