Amelie Lanier, FPÖ
 
2000

Die FPÖ und ihre Kritiker

Die FPÖ reklamiert „Antifaschismus“ nicht für sich und hält nichts von einem derartigen „Grundkonsens“, so einer sei nicht „identitätsstiftend“ und tauche ohnehin „erst 1983“ in Österreich auf. Sie sieht die Republik mehr auf einem „demokratischen Grundkonsens“ basierend. Die Kontroverse dreht sich also um die Frage, wie „wir“ „uns“ die Gutheit unseres Gemeinwesens zurechtlegen wollen: Als vorbildlich demokratisches Gebilde und damit als Absage an jeglichen „Totalitarismus“ von „links und rechts“, wie die FPÖ – oder genauso und noch zusätzlich als spezielle Absage an unsere „unselige Vergangenheit“, die nur uns gehört und wo wir ganz eigen betroffen und damit moralisch kompetent sind, weswegen diese „niemals vergessen“ werden darf.
„Wir“ zeichnen uns nämlich seit 1945 durch das Unterlassen einer Judenverfolgung so vortrefflich aus und bewundern uns an Feiertagen exzessiv für diese Großtat – und deswegen darf der Holocaust als das negative Gegenbild zu „uns“ von Rechts wegen nicht „geleugnet“ werden: Wir „erinnern“ und „mahnen“ uns auf diese Weise ständig an unsere Gutheit.

Die „Leugner“ im Dunstkreis der FPÖ – auf Nachfrage achtet die Partei die einschlägigen Gesetze, auch wenn Repräsentanten diese ab und an als Beschränkung der Meinungsfreiheit interpretieren – vertreten eine alternative Variante eines supersauberen Nationalbewusstseins: „Wir“ haben und hatten „uns“ nie etwas vorzuwerfen.

Das „Ausländerproblem“ – die „Kernkompetenz“ der FPÖ – ist nicht lösbar, es muss abgeschafft werden. Ausländer müssen sich anpassend an die christliche Leitkultur „integrieren“, oder sind nur befristet und als Ausnahme von der Regel zugelassen; sie müssen also als Ausländer so oder so verschwinden, entweder durch Assimilation oder durch Verabschiedung. In diesem Standpunkt sind die „Inländerfreunde“ von der FPÖ nach jedem Wahlerfolg von den Konkurrenzparteien bestätigt worden, zuletzt nach den Wahlen in Wien: Versäumnisse bei der Integration wurden allseits einbekannt und wieder einmal Handlungsbedarf entdeckt, der nun auch von einem eigenen Staatssekretär erledigt werden soll. Da herrscht der Konsens der Demokraten.
Vorgeworfen wird der FPÖ gern ihre „menschenverachtende Sprache“ – und es ist, wenn überhaupt, die Sprache, die die freiheitlichen „Hassprediger“ von den zutiefst „menschlichen“ sonstigen Ausländerproblempolitikern unterscheidet. Apropos freiheitliche Islamhasser, „Abendland in Christenhand“ und lustige Moschee-Eliminierung-Spielchen: Jörg Haider, damals FPÖ-Chef, ist im vorigen Jahrhundert gegen seine Denunziation als „politischer Ziehvater und Ideologe des rechtsextremen Terrors“ vor Gericht gegangen – und hat verloren. Geschadet hat diese behauptete Nähe zum Terror weder ihm noch der Partei.

Neben dem ideell-völkisch-sittlichen Bedürfnis nach mehr nationaler Größe durch die gern beschworene Zugehörigkeit Österreichs zu einer „deutschen Kulturgemeinschaft“, einer traditionellen Kernkompetenz der Partei, oder neuerdings auch als Teil eines „christlichen Abendlands“, hat sie auch zum immerhin real existierenden österreichischen Vergrößerungsprojekt einen eindeutigen nationalen Standpunkt: Gegenüber dem europäischen „Friedenswerk“ vertritt die FPÖ die schlichte Linie, dass der Nutzen des österreichischen „Nettozahlers“ aus diesem Bündnis immer zu gering sei, während andere Nationen im Süden und Osten durch heimische „Verräter“ und Verzichtspolitiker auf Kosten Österreichs übermäßig profitieren würden.

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