radiX, Nummer 3
Mai
2000

Editorial

Schon wieder ist ein halbes Jahr vergangen seit wir die letzte radiX produziert haben, ein halbes Jahr in dem viel passiert ist. Mitlerweile ist die FPÖ zweit­stärkste Partei in diesem Lande geworden. Eine Welle des Rassismus — mit der wir bereits nach dem Tod von Marcus Omofuma konfrontiert waren, ist von einer Welle immer offener werdenden Antisemitismus ergänzt worden. Und unabhängig davon, ob es die FPÖ nun schon schafft in die Regierung zu kommen oder nicht, sind wir mit einer Bevölkerung konfrontiert, die eine rassistische, nationalistische und antisemitische Politik mehrheitlich befürwortet. Umso wichtiger ist unser Schwerpunkt dieser radiX, den wir bereits im Sommer auf das Thema „Nation — Nationalismus“ fest­gelegt haben.

Auch das Thema Jugoslawien ist für uns noch nicht gestorben. Ein Interview mit einem linken Antinationatisten aus Belgrad und ein Artikel über die ökologischen Zerstörungen in Jugoslawien soll darauf aufmerksam machen.

Für linksradikale Zeitschriften wie unsere ist es mitler­weile sehr schwer geworden noch legal erscheinen zu können. Mit der Gründung der ’’Schutzgemeinschaft Freiheitlicher Wähler" die sich das Einklagen von FP-feindlichen Artikeln zum Ziel gesetzt hat, ist wohl eine Klageflut gegen kleine Zeitschriften zu erwarten. Selbst wenn diese den Wahrheitsbeweis für ihre Behauptungen, die FPÖ wäre „rassistisch“, „antisemi­tisch“ oder „faschistisch“ erbringen können, sind deren finanzielle Resourcen bereits nach wenigen Prozeßtagen erschöpft. Viele antifaschistische Zeitschriften lassen deshalb mitlerweile ihren gesam­ten Inhalt vor der Publikation rechtlich prüfen, etwas was wir uns weder leisten können, noch tun wollen. Wenn wir der Meinung sind, daß die FPÖ rassistisch ist, dann soll dies auch gesagt werden — unabhängig davon ob damit der finanzielle Ruin unserer Gruppierung oder unserer Redakteure droht. Dadurch ist es aber auch nie sicher ob wir in einer weiteren Ausgabe erscheinen können. Dies hängt mitlerweile von der weiteren politischen Entwicklung in Österreich ab.

Politische Frustration und damit verbundene persönli­che Depressionen haben mitlerweile viele von uns — und damit ist nicht nur die ÖKOLI gemeint — erfaßt. Wenn aufgrund der Ablehnung, die seit dem „Stoppt die Überfremdung“ — Wahlkampf Menschen aus arabi­schen, afrikanischen, lateinamerikanischen und asiati­schen Ländern entgegenschlägt, sich manche Menschen, die seit Jahrzehnten in Österreich leben, plötzlich kaum mehr aus dem Haus wagen, dann ist es Zeit sich zu überlegen wie es noch weitergehen soll. Wenn eine junge Frau iranischer Herkunft am Würstelstand nicht mehr bedient wird, wenn die Leute in der U-Bahn von einer ägyptischen Frau wegsitzen, wenn einem orthodoxen Juden in der Wiener Innenstadt einfach der Hut vom Kopf gerissen wird, ..., spätestens dann ist es Zeit sich dieser „Volksgemeinschaft“ mit aller Entschiedenheit in den Weg zu stellen.

Gerade auch deshalb wollen wir euch — unsere LeserInnen — dazu aufrufen Widerstand zu leisten. Widerstand gegen diesen extremen Rechtsruck, der nicht nur droht, sondern in dem wir uns bereits befin­den.

Eure radiX-Redaktion
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