FORVM, Philosophie im Kontext
Mai
2021
Aus: Wespennest No. 180, Mai 2021, S. 100–103

Rückkehr des Verworfenen

Zu Schriften aus dem Nachlass von Günther Anders

Günther Anders: Schriften zu Kunst und Film. Herausgegeben von Reinhard Ellensohn und Kerstin Putz. München: C.H.Beck 2020

Günther Anders: Die Weltfremdheit des Menschen. Schriften zur philosophischen Anthropologie. Herausgegeben von Christian Dries unter Mitarbeit von Henrike Gätjens. München: C.H.Beck 2018

Günther Anders: Musikphilosophische Schriften. Texte und Dokumente. Herausgegeben von Reinhard Ellensohn. München: C.H.Beck 2017

Hannah Arendt / Günther Anders: Schreib doch mal hard facts über Dich. Briefe 1939 bis 1975. Texte und Dokumente. Herausgegeben von Kerstin Putz. München: C.H.Beck 2016

Günther Anders: Die Kirschenschlacht. Dialoge mit Hannah Arendt und ein akademisches Nachwort. Mit einem Essay von Christian Dries: «Günther Anders und Hannah Arendt – eine Beziehungskiste.» Herausgegeben von Gerhard Oberschlick. München: C.H.Beck 2011

Günther Anders: Tagesnotizen. Aufzeichnungen 1941–1979. Auswahl und Nachwort von Volker Hage. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2006

Günther Anders: Über Heidegger. Herausgegeben von Gerhard Oberschlick in Verbindung mit Werner Reimann als Übersetzer. Mit einem Nachwort von Dieter Thomä. München: C.H.Beck 2001

Günther Anders: Die molussische Katakombe. Roman. Zweite, erweiterte Auflage. Mit Apokryphen und Dokumenten aus dem Nachlaß. Herausgegeben und mit neuem Nachwort versehen von Gerhard Oberschlick. München: C.H.Beck 2012

Dietmar Dath / Mathias Greffrath: Das Menschen Mögliche. Zur Aktualität von Günther Anders. Wien: Picus 2018

Konrad Paul Liessmann: Günther Anders. Philosophieren im Zeitalter der technologischen Revolutionen. München: C.H.Beck 2002 (Zweite Auflage 2020)

Als Günther Anders nach einem langen und produktiven Leben 1992 starb, hinterließ er ein Werk, das aus mehr als dreißig selbständigen Buchveröffentlichungen und unzähligen Beiträgen in Sammelbänden und Zeitschriften bestand. Es lag nahe, das philosophische und schriftstellerische Œuvre damit für mehr oder weniger abgeschlossen zu halten und bestenfalls noch ein kleines Bändchen mit posthumen Schriften zu erwarten. Geworden sind es im Laufe der letzten zwanzig Jahre aber gleich sechs Bände mit zusammengenommen nahezu zweitausend Seiten. Nach Themen geordnet findet sich darin viel bis dahin Unveröffentlichtes, aber auch einiges einst Publiziertes, das heute nur noch schwer zugänglich ist. Ganze Werkgruppen kommen durch diese Editionsprojekte (im Weiteren etwas verkürzend «Nachlassbände» genannt) zum Vorschein, die man – außer im Kreis einiger Spezialisten – in dieser Dimension wohl kaum vermutet hätte.

Erst mit vierundfünfzig Jahren errang Anders mit dem ersten Band seiner Antiquiertheit des Menschen eine breitere öffentliche Wahrnehmung und er hätte die zunehmend solider werdende Anbindung an das Verlagshaus C.H.Beck wohl auch dazu nutzen können, die vielen Manuskripte, die sich aus der Zwischenkriegszeit und dem Exil bei ihm angesammelt hatten, sukzessive auf den Buchmarkt zu bringen. Doch das Gegenteil war der Fall, denn Anders verbot es sich weitgehend, diese Dokumente einer Vorkriegsperiode in eine durch die Shoah und den Abwurf der Atombomben vollkommen veränderte Welt zu entlassen und damit eine Kontinuität zu suggerieren, von deren Unmöglichkeit er überzeugt war. Im Angesicht der bereits realisierten und über alle weitere Zukunft verhängten Vernichtungspotenziale – von denen wir ja heute, dies beständig ignorierend, noch ebenso bedroht sind wie damals – erklärte er jegliches Philosophieren um des Philosophierens willen für obsolet, ja für obszön. Dieses Verdikt machte auch vor vielen seiner eigenen Schriften aus den Jahren der Weimarer Republik und des französischen und amerikanischen Exils nicht halt: Nur Weniges davon gab er zu Lebzeiten in Druck, der größere Teil verschwand buchstäblich in den hintersten Ecken seiner Wohnungen. Diese nicht mehr für zeitgemäß befundenen Arbeiten betrachtete ihr Autor bestenfalls noch als Texthalden, aus denen er Bruchstücke und Quasi-Eigenzitate für seine laufenden Arbeiten entnahm.

Auch wenn er viele Manuskripte und Notate verwarf, weggeworfen hatte er sie nicht. Er hatte im wahrsten, physischen Sinne Konvolute durch halb Europa und hin und her über den Atlantik geschleppt, und zumindest in Interviews nahm er nicht ungern auf die eine oder andere unveröffentlichte Arbeit Bezug. Diese bloß durch die Zeitumstände und gegen ihre faktische Positionierung in Anders’ Lebenszyklus nun zu «Frühschriften» gewordenen Arbeiten füllen die Nachlassbände; einige von ihnen hat der Autor selbst – das eigene Verdikt bisweilen abmildernd – noch durchgesehen und auch überarbeitet. Die Herausgabe dieser Schriften verändert den Blick auf Anders erheblich: Gänzlich Unbekanntes tritt zutage, Bekanntes erscheint in neuer Tiefenschärfe.

Anders wuchs in einer Gelehrtenfamilie auf, war vielfach begabt und übte sich bereits früh in unterschiedlichen Disziplinen: er zeichnete, musizierte, schrieb Prosa und Gedichte – und er beschäftigte sich mit allen zugehörigen Kunstgattungen auch theoretisch, indem er ihnen philosophische Abhandlungen und Essays widmete. Mit einer Studie zur «musikalischen Situation» wollte er sich habilitieren, ein Vorhaben, das er aus verschiedensten Gründen wieder fallen ließ (u.a. soll Adorno dagegen opponiert haben). Der Text war aber vollständig ausgearbeitet und bildet nun das Zentrum der musikphilosophischen Schriften. Mit den alten und modernen Meistern von Holbein bis Grosz beschäftigte sich Anders intensiv, mit dem damals noch jungen Medium Film gelegentlich. Seine Reflexionen über den Wandel vom Stummfilm zum Tonfilm, seine Rezeption einzelner Streifen, ja, auch seine eigenen Vorschläge für innovative Filmgestaltung können nun ebenso nachgelesen werden wie Künstlerporträts, die er für den Rundfunk gestaltete. Was die Philosophie betrifft, wiesen die kleinen, aber substanziellen Arbeiten zur Pathologie der Freiheit und zur Weltfremdheit des Menschen, die sich nun zusammen mit Vorarbeiten und vermischten Schriften zu einem eigenen Band fügen, weit in die eigene philosophische Zukunft voraus: Anthropologische Standortbestimmungen blieben ein zentrales Element des Anders’schen Philosophierens. Als Vorschein war schon in den Frühschriften einiges von dem zu finden, was Anders später in seiner von ihm selbst so apostrophierten «Gelegenheitsphilosophie» modulierend wiederaufnahm, fortspann und letztgültig ausführte.

Geprägt war der junge Anders von seinen Studien bei Husserl und Heidegger, wobei er in Zusammenhang mit Letzterem wohl weniger als Schüler, sondern als Hörer bezeichnet werden muss, denn es war vor allen Dingen Heideggers Ton, der in Anders’ Ohren verfing und der im Schreiben seiner frühen Jahre kaskadierte. Noch lange nachdem Anders einen radikalen Bruch mit Heidegger vollzogen hatte, konnte man den einen oder anderen fernen existenzphilosophischen Nachklang in seinem Schreiben vernehmen. Der Nachlassband zu Heidegger zeugt in kleineren fertiggestellten Texten und zwei umfangreichen Torsi davon, wie Anders ein ehemaliges Naheverhältnis in eine reflektierte und dadurch umso brüskere Ablehnung und Verurteilung verwandelte.

Mit der Heidegger wesentlich näher stehenden Hannah Arendt war Anders acht Jahre lang verheiratet, bevor diese Ehe, nach bereits vollzogener Trennung, 1937 geschieden wurde. Der recht schmale erhaltene Briefwechsel zwischen den beiden setzt nach dieser Zeit ein. Zum einen dokumentiert er Anders’ noch von New York aus gestartete und letztlich erfolgreiche Bemühung, Arendt die Flucht aus Frankreich und ihre Aufnahme in den USA zu ermöglichen, zum anderen die ziemlich hilflosen Versuche, zwischen 1955 und 1975 wieder an die gemeinsame Zeit in Deutschland anzuknüpfen, ein Unterfangen, das Arendt eher zögerlich gewähren ließ, als dass sie es vorangetrieben hätte.

Anders hingegen – mittlerweile von seiner bereits dritten Frau verlassen – idealisierte Arendt zunehmend, was in der Kirschenschlacht, einem Text aus den 1970er-Jahren, seinen deutlichsten Ausdruck fand. In ihm wird das junge Paar (aus einer recht männlich-herablassenden Perspektive) heraufbeschworen und Dialogsituationen werden aus der Erinnerung nachgestellt. Es sind fiktive Lehrkonversationen (natürlich mit Anders als Lehrendem) aus einer lang vergangenen Zeit geteilter philosophischer Erkundungen, einer Zeit, die immerhin eine Gemeinschaftsarbeit hervorgebracht hat (einen Essay über Rilkes Duineser Elegien, abgedruckt im Briefband). Weniger eine Rückschau ist es als eine Evokation, die hier die Zeitstrecke eines halben Jahrhunderts vergessen machen und den Leser in die Welt einer verflossenen Beziehung ziehen sollte. Mit für seine Verhältnisse fast an Rührung grenzender Einfühlung stellte Anders aber letztlich zwei so heillos und hilflos in die Philosophie Verstiegene vor, dass sich eher Mitleid mit als Bewunderung für das hier ganz verkopft dargestellte Duo Anders/Arendt einstellt. Hoffentlich war dem Paar in Wirklichkeit mehr vergönnt, als das hier Re-Imaginierte.

Anders’ umfangreiche Textproduktion aus den frühen Jahren und besonders aus der Zeit des Exils, in der so viel ungedruckt liegen bleiben musste, zeugt von einem erstaunlichen und eindrucksvollen Durchhaltevermögen. Anders gehörte ganz offensichtlich schon von seinen schriftstellerischen Anfängen an zu jener Kategorie von Autoren, für die das Schreiben eine Notwendigkeit darstellt und deren Denkanstrengungen zutiefst mit einer Lust am Text verbunden sind. Selbst gegen widrigste Zeitumstände arbeiten Schriftsteller dieses Zuschnitts hartnäckig an ihren Projekten, auch ohne Aufforderung, ohne Aussicht auf Wahrnehmung, ohne öffentliche Resonanz, ohne damit Geld zu verdienen.

Diese besondere Schreibenergie zeichnete schon den jungen Anders aus und seine Textproduktion blieb ein Leben lang beachtlich. Dennoch wurde er niemals zu einem notorischen Viel-Schreiber, Redundanz und Verwässerung waren seine Sache nicht. Seine außergewöhnliche Schreibbegabung bündelte er in seinen späteren Jahren zu einem unverkennbaren, sehr gehobenen, gleichermaßen individuellen wie allgemeinverständlichen Stil. Anders’ philosophische Texte wollten immer auch gelungene Prosa sein, ein Vorhaben, das in den «Frühschriften» nicht immer, dafür aber in den reiferen Arbeiten mit Aplomb eingelöst wurde.

Ansatzweise schon vor dem Kriegsende und danach in voller Meisterschaft bestimmen zwei gegenläufige, aber an einem Strang ziehende Kräfte Anders’ Schreiben: beharrliche Insistenz und kontinuierliches Fortschreiten. Mit ersterer wird der je zu durchdringende Gedankenkomplex immer von Neuem eingekreist, letzteres lässt Gedankenläufe Schritt um Schritt nach vorwärts, ins noch Unbekannte drängen. Am schönsten kann man diese Doppelbewegung in seinen Tagebüchern mitvollziehen. Ein Leben lang feilte Anders an seiner sehr speziellen Tagebuchkunst, einer Kunst der von Tagesnotiz zu Tagesnotiz sich gleichermaßen streng wie frei entfaltenden Gedanken, die ihren Schwerpunkt dennoch nie verlieren. In den Nachlassbänden finden sich ein fragmentarisches «Louvretagebuch» von 1927/1928 und aus der Zeit zwischen 1954 und 1956 auch «Italien-Tagebücher», in denen sich kunst- und zeitgeschichtliche Reflexionen verschränken.

Anders ließ Tagebuchstellen auch in Arbeiten anderer Genres einfließen, und mit den neuen Kontexten streiften diese ihre Herkunft aus chronologischen Serien ab. Von diesem Umstand ausgehend hat Volker Hage in den von ihm herausgegebenen Tagesnotizen einen in die umgekehrte Richtung zielenden Versuch gewagt: Er wählte tagebuchartige Stellen quer durch das von Anders approbierte Werk aus und brachte sie in eine Jahrzehnte überspannende chronologische Abfolge zurück, beginnend mit Kalifornien 1941 und endend mit Wien 1979. Ein interessantes Experiment, aus dem aber wohl nicht mehr – aber auch nicht weniger – als ein schöner, mit einem hervorragenden Nachwort versehener Auswahlband entstanden ist.

Anders hat es sich und seiner Umwelt nicht leicht gemacht, denn er war zeitlebens eine streitbare Persönlichkeit, deren oft beeindruckende Geradlinigkeit auch Züge von Starre und Sturheit annehmen konnte. Seine von ihm perfektionierten und oft überzeugenden «Übertreibungen in Richtung Wahrheit» konnten in ein apodiktisches Fahrwasser geraten und Anders auf unangenehme Weise die Rolle eines Sehers unter lauter Blinden annehmen lassen. Am vernichtendsten hat Hannah Arendt diese fragwürdigen Seiten charakterisiert, als sie 1961 anlässlich ihrer ersten Wiederbegegnung nach dem Krieg von Anders sagte, er sei «runtergekommen [...] außer aller Realität lebend, alles mit einem Klischee bezeichnend, ungestört in einem château d’Espagne» hausend und von Größenfantasien zerfressen. Sine ira et studio ist das sicher nicht formuliert, zieht man von dieser Schilderung jedoch die unverhohlene Bösartigkeit ab, so bleibt ein Hinweis auf problematische Charakterzüge. Deren Erwähnung wären bloße Petitessen, würden sie nicht eben auch Stellen – notabene: die schwächsten – in Anders Schriften affizieren. Es sind dies Passagen, in denen der Philosoph keinerlei Einreden duldete oder sie nur dort gewähren ließ, wo er sie sich in fiktiven Dialogen selber schrieb. Ob bewusst oder unbewusst steuerte Anders selbst dieser Gefahr, im Monolog zu enden, durch Stil entgegen: Die von ihm wie von wenigen anderen beherrschte Lakonie und sein charakteristisches Understatement waren in seinen besten Texten jedenfalls ein hervorragendes Antidot.

Seine größte öffentliche Reichweite erreichte Anders in den sich gegen Atomenergie und Rüstungswettlauf wendenden Bewegungen der 1980er-Jahre, ein Lesebuch im Diogenes-Verlag popularisierte damals sein Denken, seine Thesen zur Legitimität von Gegengewalt wurden heftig diskutiert. Ab 1987 hatte Anders in der Zeitschrift FORVM, die unter ihrem damaligen (und heutigen) Herausgeber Gerhard Oberschlick Kapriolen schlug und publizistische Meisterstücke vollbrachte, eine carte blanche. [1] Was immer er wollte, konnte er dort ohne redaktionelle Eingriffe publizieren und beinahe jedes neue Heft brachte damals Erstveröffentlichungen von Anders-Texten. Oberschlick, selbst ein höchst eigensinniger und eigenwilliger Publizist (man lese nur sein hinreißendes Nachwort zum einzigen Roman von Anders, der antifaschistischen Fabel von der Molussischen Katakombe, die seit 2012 in einer erweiterten Fassung vorliegt) wurde von Anders schließlich auch zum Verwalter seines schriftstellerischen Erbes eingesetzt – eine hervorragende Wahl, wie die sorgfältig edierten Nachlassbände Stück für Stück bewiesen haben. Oberschlick selbst und die erfrischenderweise sämtlich einer jüngeren Generation zugehörige durchwegs philosophie-affine Herausgeberriege (Kerstin Putz, Christian Dries, Reinhard Ellensohn, Henrike Gätjens) sowie der Heidegger-Spezialist Dieter Thomä haben mit ihren Kommentaren, Nachworten und biografischen Skizzen diese Werkkomplexe derart mustergültig erschlossen, dass man, sollte irgendwann einmal eine Gesamtausgabe ins Auge gefasst werden, hervorragend daran wird anknüpfen können.

Anders Werk hat auch abseits der Publikationen aus dem Nachlass ein recht konstantes posthumes Interesse erfahren. Mehrere Einführungen sind als Monografien erschienen, unter ihnen das schmale, aber unglaublich kenntnisreiche und brillant formulierende Buch von Konrad Paul Liessmann. Diese Neufassung einer älteren Publikation wurde 2002 veröffentlicht und konnte damals bereits Schriften aus dem Nachlass mitberücksichtigen, wodurch sich ein weiter Bogen über das Anders’sche Gesamtwerk spannen ließ. Eine 2012 gegründete Anders-Gesellschaft, deren Homepage viel Interessantes von und zu Anders bietet, vergibt seit 2018 auch einen nach ihm benannten Preis. Dietmar Dath hat ihn als Erster erhalten und sein im Rahmen der «Wiener Vorlesungen»-Reihe publizierter Festvortrag zeugt vom lebhaften Interesse, das ein Vertreter einer gänzlich anderen Generation und Schreibhaltung dem Anders’schen Denken entgegenzubringen vermag. Schließlich bietet das im Internet wiedererstandene und in der letzten Zeit wieder recht aktive FORVM in unregelmäßiger Folge ebenfalls Stücke aus beziehungsweise zum Nachlass (zuletzt ein ganzes Dossier über das komplexe, meist disharmonische Verhältnis zur Frankfurter Schule). Das Warten auf das Erscheinen weiterer Bände lässt sich damit etwas verkürzen. Was jedenfalls noch schmerzlich fehlt, ist eine Sammlung mit Interviews und Gesprächen, die unbedingt auch das geradezu klassische, immer gern zitierte, aber leider nicht mehr im Handel greifbare Gespräch mit Mathias Greffrath aus dem Jahr 1979 enthalten müsste.

Das Textgelände, das man in den Nachlassbänden durchschreiten kann, ist ein weites: Vollständiges und Fragmentarisches findet sich darin; Stücke, die ein Nachsuchen, aber auch solche, die ein Auffinden dokumentieren; miteinander in wechselhafter Verbindung stehende Denkbewegungen, in verschiedenste Genres gegossen, von der strengen philosophischen Abhandlung zu Protokollen von Radiodiskussionen, von Tagebuch-Einträgen zu Rezensionen, von Briefen zu Splittern von Lebenserinnerungen. Vieles davon ist ganz und gar nicht zweitrangig oder bloß für Anders-Forscher von Interesse, sondern vermag die Diskussion um, mit und auch gegen Anders aufs Schönste am Laufen zu halten.

[1Mit diesem Angebot hatte ich im August 1982 Günther Anders zur Mitarbeit eingeladen, als mir die Redaktion der Zeitschrift übertragen wurde. Er lieferte erstmals im Dezember für das Heft Jänner-März 1983 und dann fortlaufend. Als ich Anfang 1984 ausgeschieden wurde, pausierte auch Anders und nahm seine Mitarbeit am FORVM erst wieder auf, als ich im September 1987 beginnen konnte, es selbst herauszugeben. -G.O.