FORVM, No. 366
Juni
1984

Totem ist tabu

Zeit für Blockheizkraftwerke

Ausreden gelten nicht mehr. Es ist technisch möglich, den Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung auf das Doppelte zu steigern — durch Blockheizkraftwerke, die Strom erzeugen und die dabei entstehende Wärme nutzen für Heizung und Warmwasser. Kalorische Großkraftwerke vergeuden fast 2/3 der von ihnen erzeugten Rohenergie.

Nochmals 4 Prozent und mehr gehen bei der Überlandleitung verloren.

Jämmerliche 32-35 Prozent kommen beim Verbraucher an — der Geräte verwendet, ohne seine Schuld, die nochmals Energie vergeuden, um Ausmaß von weiteren 10-15 Prozent.

Übergetitelt: „Moderne“ Technologie!

Demgegenüber nutzen die wirklich modernen Blockheizkraftwerke (Erzeugung von Strom plus Nutzung von Wärme) 80-90 Prozent der erzeugten Energie!

Sie sind zur Nahversorgung für mittlere und kleinere Betriebe bis hin zu Haushalten hervorragend geeignet. Voraussetzung ist: daß den Energieversorgungsunternehmen ihr Monopol auf Energieerzeugung genommen, lokale Energieversorgung möglich und gefördert wird.

Kernstücke eines BHKW sind ein oder mehrere gas- oder dieselbetriebene Motoren. Sie treiben einen Generator an, der Strom für die Eigenversorgung und das öffentliche Netz liefert. Die anfallende Wärme wird für Heizung, Warmwasser, gewerblichen Wärmebedarf genutzt.

Aus deutschen Städten (Heidenheim, Viernheim, Rottweil, Frankfurt, Ingolstadt, Berlin) gibt es bereits positive Erfahrungen: Blockheizkraftwerke erzeugen, wegen des viel besseren Wirkungsgrades, Strom wie Wärme billiger als zentrale Großkraftwerke.

Auch die Investitionskosten sind viel geringer als bei traditionellen Anlagen oder gar Atomkraftwerken.

Die kleinsten Blockheizkraftwerke decken den Strom- und Wärmebedarf für einige hundert Quadratmeter Wohn- oder Werkstattfläche. Die Motor-Generatoren-Aggregale werden schon serienmäßig erzeugt; sie werden in handlichen „Kompakt-Boxen“ geliefert.

Erzeugt werden solche BlockheizKraftwerke bisher vor allem in Italien. Das Fiat-TOTEM bezieht aus einem Fiat-127-Motor, der einen 15KW-Generator antreibt. Der Geräuschpegel ist niedrig (20 Dezibel). Der Anschaffungspreis liegt bei etwa 110.000,— Schilling.

Die Anlage rentiert sich, sobald die E-Werke für den ins Netz gelieferten Privatstrom etwa die Hälfte des üblichen Abnehmerpreises zahlen. Derzeit halten sie den Preis für ins Netz gelieferten Privatstrom so niedrig, daß Kleinkraftwerke dieser Art blockiert sind.

Ein bis acht solche Fiat-TOTEM lassen sich problemlos kombinieren. Der Motor kann mit Gas oder Flüssiggas, auch Bio- oder Klärgas, oder Solarwasserstoff betrieben werden.

In Österreich arbeiten zur Zeit etwa 50 TOTEM-Anlagen, vom Wohnhaus bis zum Bürogebäude, z.B. ein 6-fach-TOTEM bei Ford-Hinteregger. Weitere Anlagen arbeiten in Verbindung mit kommunalen Kläranlagen, wo der Treibstoff ohnehin anfällt (Klärgas enthält 70 Prozent Methan), so zum Beispiel in Vöslau, Pöchlarn, Fohnsdorf u.a.

Im Gegensatz zu kalorischen Großkraftwerken, wo Filteranlagen sehr teuer sind, läßt sich bei solchen Kleinkraftwerken mit relativ geringen Kosten Schadstoff-Freiheit bis 95 Prozent erzielen.

Blockheizkraftwerke könnte man auch in Österreich erzeugen, zum Beispiel bei Steyr — statt Waffen!

Literatur:

  • Karl Hein, Blockheizkraftwerke, in: „Kommunalwirtschaft“, Nr. 2/1978
  • Karl Hein, Kleinheizkraftwerke — im Vergleich mit Fernheizkraftwerken, in: „Brennstoff-Wärme-Kraft“, Nr. 27/1975
  • Karl Hein, Wärmeversorgung im ländlichen Raum, in: „Der Landkreis“, Nr. 8/9/ 1979
  • Ruske/Teufel, Handbuch für Sanfte Energie, rororo aktuell.
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