FŒHN, Heft 22
 
1996

Was zu tun ist und was nicht zu tun ist

Haider erschießen. Das ist zuviel verlangt? Das ist, wenn schon, zuwenig verlangt. Man müßte dann schon auch Vranitzky und Schüssel und Petrovic und Schmidt und Klima und Ditz ... und vor allem Maculan und Meinl und Schwarzenberg und und und. Der Schuß, der Haider genau trifft, verfehlt sein Ziel meterweit. Nicht er und nicht Vranitzky oder sonstwer müssen dringend zur Strecke gebracht werden, sondern die Verhältnisse, für die sie stehen. Das ist schwieriger. Haider verdeutlicht nur die Entwicklung. Er macht sie sichtbar. Ihn umlegen wäre, als risse man den Zeiger von der Uhr, weil sie anzeigt: Es ist spät!

Einen linken Haider basteln. Der könnte sich der weit besseren Argumente bedienen als der rechte Haider. Er bräuchte nicht irgendeinen armen Teufel aus Sri Lanka als Sozialschmarotzer ausgeben, sondern könnte zum Thema z.B. die fünfhundert größten Unternehmen aus dem Trend vorlesen. Er könnte von Marktplatz zu Marktplatz ziehen und mit der Geißelung der wildesten Steuerhinterziehungstricks der Kapitalisten wahre Begeisterungsstürme auslösen. Er könnte dort Wohnungshaie wie den Haider-Freund Plech zur Sau machen und die kräftige Anhebung der Löhne und den Nulltarif auf allen öffentlichen Linien einfordern. Er hätte es viel leichter als Haider. Viel schwerer! Er, der den Mächtigen wirklich gefährlich erschiene, hätte die ganze Unterstützung der Medien, die Haider hat, nicht. Seine Methoden sind nur bei ihm möglich, weil er ein Produkt des Systems ist und mit den Forderungen von dessen Nutznießern übereinstimmt. Je mehr umgekehrte Gags à la Haider einem einfallen, desto klarer wird, daß das Spekulieren mit einem genau umgekehrten Haider vollkommen falsch ist. Eine Politik gegen die bestehenden Verhältnisse kann nicht daherkommen wie ein Reklamefeldzug für diese Verhältnisse. Was bei einem Projekt Anti-Haider herauskommt, ist, wie man gesehen hat, ein Schüssel. Vor alldem ist aber die totale Ausrichtung auf eine Person undemokratisch. Die Ausrichtung auf einen Anti-Haider ist selbst ganz und gar haiderisch (petrovicisch, vranitzkysch, schmidtisch). Die kapitalistischen Medien betreiben die Vergötzung des einzelnen und hintertreiben damit die notwendige Zusammenführung der Menschen. So fängt man keine Demokratie an. Man stürzt die herrschenden Zustände nicht, indem man sich ihnen anpaßt.

„Linker Haider“ mit einem linken Taferl
Aber auch ein vom Kopf auf die Füße gestellter bleibt einer

In die FPÖ hineingehen. Wenn fünfzig entschlossene Leute oder auch nur zwanzig auf einen Schlag z.B. der Tiroler FPÖ beitreten, können sie diese umdrehen. Die können, wenn sie geschickt sind, den ganzen Apparat handstreichartig übernehmen. Könnten plötzlich richtige Aussendungen machen, richtige Kandidatinnen und Kandidaten aufstellen, einen richtigen Wahlkampf machen und dem Haider z.B. via Pressedienst der Partei täglich Konter geben. Welch lustvolle Vorstellung, in die FPÖ hineinzugehen und ihnen mit der Partei abzuhauen! — Aber: Wieder falsch! Was bestenfalls herauskommen könnte, wäre so etwas wie die Grünen. Wie schlimm! Wie gut zu wissen: Aus diesem System heraus wächst nichts gegen dieses System.

Was sonst noch alles gegen Haider nicht zu tun ist, darüber steht genügend im letzten Heft. Wenn wir meinen, es ginge um Haider, haben wir uns, ob Haiderwähler oder Nichthaiderwähler, hoffnungslos verheddert. Dann sind wir blind den ausgelegten Profil-Aufmachern nachgerannt. Unser Problem sind sowenig die kackfarbenen Haiderplakate im Land wie die Lösung deren Anschmieren ist. Das ist, als wäre an einer verheerenden Mure vor allem der Lärm, den sie macht, das Problem, und wir begegneten diesem, indem wir aus Leibeskräften dagegen anschrien. Haiders nützliche Narren meinen, je größer sie ihn als Rechtsextremen aufblasen, desto größer stünden sie dann selber als Linke da. Kündigen sie mit ihren Motto „Haider kommt. Wir kommen auch!“ nicht geradewegs den gemeinsamen gleichzeitigen Orgasmus an?

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