Streifzüge, Heft 36
März
2006
2000 Zeichen abwärts

Wir und unsere wohligen Gefühle

Gefühle sind in! Angenehme Gefühle und Wohlbefinden in der Arbeitswelt – zumindest am Papier, vor allem auf jenem der Printmedien, die die Agitation der Arbeitssekte freiwilllig übernehmen. Auch das hat sich bewährt – v. a. in der Esoterik-Bewegung der letzten 20 Jahre: Alles, was fehlt, wird einfach herbeiphantasiert und lässt sich hervorragend verkaufen.

Das funktioniert bei Liebe, Sex und Sinnlichkeit schon bestens – je mehr sie real verschwinden, desto hervorragender können sie in allen nur erdenklichen Varianten vermarktet werdenNun sind die Gefühle dran – die Nachfrage ist groß genug geworden.

Dieter Vogel weiß die Gunst der Stunde zu nutzen: „Gefühle sind kein Schicksal: Wenn Sie mit Ihren Gefühlen konstruktiv umgehen können, verfügen Sie über die stärksten Mitstreiter, die Sie sich vorstellen können. In Führung, Verkauf und Kommunikation ist deshalb ,Emotionale Kompetenz‘ längst zur Schlüsselfähigkeit der Besten avanciert. Mit Gefühlen arbeiten statt gegen Emotionen kämpfen.“

Was dabei herauskommt, sind allerdings immer mehr Menschen, die „Attrappen, Vogelscheuchen ihrer selbst“ ähneln. „Alles wird seelenlos, ausgehöhlt und austauschbar. Es regiert der Fake.“ (Franzobel)

Die unüberbrückbare Diskrepanz zwischen Arbeits- und Arbeitslosenalltag einerseits und Lügenmärchen andererseits scheint niemand zu stören. Sie bedingen einander geradezu. Ohne Mangel könnte das Versprechen, diesen zu beheben, nicht so gut kommerziell vernutzt werden.

Über die wahren Verhältnisse, über die täglichen Tragödien ist nur selten und hinter vorgehaltener Hand etwas zu erfahren. Eine Lektorin an der Wirtschaftsuniverstität blättert auf unserem Büchertisch interessiert in unserem „Manifest gegen die Arbeit“ und in unserem Buch „Dead Men Working“: „Das ist alles so schlimm. Ich halte es zur Zeit überhaupt nicht aus. Mein Mann ist gerade mit 52 Jahren an der Arbeit gestorben. Und ich kenne immer mehr solche Beispiele.“

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