FORVM, WWW-Ausgabe
April
1997
»Kronen Zeitung«

Antirassismus-Petition

Offner Brief & Petition von 1997.

Fünf Jahre danach erscheint nun die Initiative der grünen Gründungsmutter, Freda Meissner-Blau und des Herausgebers erstmals im FORVM; damals hatte sie nur der Standard fast wortgetreu veröffentlicht, wo sich eine kleine Kontroverse entspann. Wie es weiterging, dokumentieren wir vielleicht demnächst, hier nur so viel: Der offene Brief ging auch an die Mitglieder der Jury für die Vergabe der Presseförderung, von den Vertretern der Journalistengewerkschaft wurde die Initiative in Antragsform gegossen, die als Minderheitenvotum Bestandteil der Vorlage für den Ministerrat wurde, die dieser unverändert beschlossen hat; freilich mit Wirksamkeit nur des Mehrheitsvotums. Nun unser Text:

Petition & offener Brief

Hochegg und Wien, am 5. April 1997
Betrifft: Rassismus; Presseförderung. Anregung eines Initiativantrages u.ä.

Das von der Europäischen Union für 1997 mit Entschließung des EU-Ministerrates ausgerufene „Europäische Jahr gegen Rassismus“ gibt Gelegenheit, die Bundesregierung, den National- und Bundesrat sowie die Kommission für die Presseförderung an einige völkerrechtliche Verpflichtungen der Republik zu erinnern:

Mit dem „Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung“ vom 7. März 1966 (BGBl. 1969 II S. 962 Art.2 Abs. 1 b, d, e) hat sich Österreich u.a. verpflichtet,
(b) eine Rassendiskriminierung durch Personen oder Organisationen weder zu fördern noch zu schützen noch zu unterstützen,
(d) jede durch Personen, Gruppen oder Organisationen ausgeübte Rassendiskriminierung mit allen geeigneten Mitteln einschließlich der durch die Umstände erforderlichen Rechtsvorschriften zu verbieten und zu beendigen,
(e) alle eine Rassenintegration anstrebenden vielrassischen Organisationen und Bewegungen zu unterstützen.

„Die Neue Kronen Zeitung ist die Speerspitze einer politischen und gesellschaftlichen Entwicklung, die sich in den letzten drei bis vier Jahren in Österreich etabliert hat. Seit dem Ausländervolksbegehren beobachten wir, daß der rassistische Rand, der früher in rechtsradikalen Zeitschriften vertreten war, in die politische und gesellschaftliche Mitte eingebrochen ist.“ So Martin Schenk, ehemaliger Obmann von SOS Mitmensch, beim Hearing zur „Medienfreiheit in Österreich“, am 25. September 1996. Wie und mit welchen Folgen die Neue Kronen Zeitung ihre Marktmacht für die Verbreitung von Rassismus, AusländerInnenfeindlichkeit, Frauendiskriminierung, Sexismus und Homosexuellenfeindlichkeit mißbraucht, haben beim genannten Hearing neben Martin Schenk auch die Beiträge von Fritz Hausjell, Chucks Ugbor, Kilian Okanwikpo, Sintayahu Tsehay, Susi Riegler und Christian Michelides eindrucksvoll gezeigt (Dokumentation in: Impuls. Das grüne Monatsmagazin, 8. Jahrgang, Nr. 7, Dezember 1996, S. 39‑49).

Schon aus diesen Gründen verbietet sich jede Förderung, jeder Schutz und jede Unterstützung rassistischer Medien, z.B. der Neuen Kronen Zeitung, aus Budgetmitteln, insbesondere der Presseförderung des Bundes (1996: NKZ 4,9 Millionen) und der Länder (Land Steiermark: NKZ 5,6 Millionen).

Um diese Beträge könnten
(a) die für Initiativen gegen Rassendiskriminierung im Europäischen Jahr gegen Rassismus vorgesehenen Mittel erhöht werden; oder
(b) die Förderungsbeträge für Zeitschriften erhöht werden; oder
(c) die jeweiligen Presseförderungen zum Zwecke der Budgeteinsparung gekürzt und damit Kürzungen zu Lasten würdigerer Zeitungen ungefähr vermieden werden.

Die Neue Kronen Zeitung dürfte sich darüber schon deshalb nicht einmal aufregen, weil sie sich – ungeachtet der von ihr selbst beantragten und genossenen Zuwendungen – immer wieder über die Presseförderung mokiert hat. Sie verdient aber auch deshalb keine wie immer geartete Förderung aus öffentlichen Mitteln, weil sie

  • seit Jahren mit weitem Abstand am öftesten vom Österreichischen Presserat verurteilt wird; weil sie
  • sich diesen Verfahren unter Mißachtung des Presserates und des Ehrenkodex der Österreichischen Journalisten kaum jemals stellt; und weil sie am 23. März 1997, Seite 2 f.,
  • bezeichnenderweise im Einklang mit der FPÖ, die österreichische Bevölkerung dagegen aufzuhetzen versucht hat, daß das Wissenschaftsministerium Geld „für den „Kampf gegen Rassismus“ lockermacht“.

So verteidigen sie ihre parteipolitische bzw. Blattlinie; so decouvrieren sie sich; und so beweisen sie ihre absolute Förderungsunwüdigkeit. Dafür wäre die schelmische Zustimmung des tonangebenden Kolumnisten zu Le Pen (NKZ, 2. April 1997, s. 10) schon nicht mehr nötig gewesen.

Daher bitten wir und schlagen wir vor, daß alle nicht-rassistischen Mitglieder der Bundesregierung, Abgeordneten zum Nationalrat, Mitglieder der Kommission für die Presseförderung bzw. die entsendenden Organisationen den obigen Vorschlägen (oder ihren Zielen noch besser) entsprechende Beschlüsse fassen bzw. Initiativanträge einbringen bzw. Initiativen ergreifen.

Mit schönsten Grüßen,
Freda Meissner-Blau (m.p.)
Gerhard Oberschlick (m.p.)
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