Geboren am: 19. Juli 1898
Gestorben am: 29. Juli 1979
1898 in Berlin geboren, als Sohn eines Kaufmanns, studierte Philosophie an den Universitäten Berlin und Freiburg, beteiligte sich aktiv an der — mit der kritischen Edition der Marxschen Jugendschriften verbundenen — philosophischen Neuentdeckung des Marxismus. Seine „Konkrete Philosophie“ war von Freud und Heidegger beeinflußter Marxismus. Mitglied des Frankfurter Instituts für Sozialforschung.
1933 emigrierte er nach Genf, 1934 nach New York, wo er Mitglied des Institute of Social Research an der Columbia University wurde. 1942-1950 war er Sektionschef im Office of Strategic Services und im Department of State in Washington. In den folgenden Jahren war Marcuse wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent am Russian Research Center der Havard University. 1954 wurde er Professor für Politikwissenschaften an der Brandeis University, Waltham (Mass.), sodann an der University of Columbia in San Diego, Californien. Einziger Philosoph seiner Generation, der sich zur Protestbewegung der Studenten uneingeschränkt bekannte. Gegen den Vorwurf, im Krieg CIA-Agent gewesen zu sein, verteidigten ihn 1969 16 Neue Linke, darunter Rudi Dutschke, Oskar Negt, Klaus Meschkat; auch Erich Fried.
Seine wesentlichsten Publikationen:
- Vernunft und Revolution, Hegel und die Entstehung der Gesellschaftstheorie, 1962, Neuwied.
- Die Gesellschaft des sowjetischen Marxismus, 1964, Neuwied.
- Triebstruktur und Gesellschaft, ein philosophischer Beitrag zu Freud, 1967, Frankfurt.
- Der eindimensionale Mensch, Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, 1967, Neuwied/Berlin.
- Psychoanalyse und Politik, 1968, Frankfurt.


Die Gesellschaft als Kunstwerk


Friede als Utopie

Marcuse: Die Reformen, die das Gaullistische Regime jetzt einführen wird, sind, weiß Gott, keine revolutionären Reformen. Es sind technokratische Reformen. Aber es gibt Reformen, die in der Tat zu einer zunehmenden Radikalisierung führen können; ich bin da ganz der Meinung meines Freundes André Gorz (...)

Herbert Marcuse ist verstummt: Seit jener wilden Attacke des jungen Führers der neuen Linken, Daniel Cohn-Bendit, auf ihn im Teatro Eliseo in Rom, wo Marcuse auf Einladung eher sehr bürgerlicher Veranstalter sprach, ist er in der Öffentlichkeit nicht mehr aufgetreten. Natürlich ist der von (...)

Elitärer und egalitärer Humanismus — „Reine Menschlichkeit ist wehrlos“ — Humanismus vor und nach der Revolution — Humanismus als Negation des Bestehenden. Die totale Manipulationsgesellschaft kann den Humanismus nicht brauchen, er wird in ihr technisch und psychisch unmöglich — Integration selbst der (...)

Sehr geehrter Herr Nenning: Die Publikation meiner Notizen („Nicht einfach zerstören“) in NEUES FORVM, Heft 188/189 ist mit einer redaktionellen Vorbemerkung versehen, deren erste Sätze ich zitiere: „Herbert Marcuse ist verstummt. Seit jener wilden Attacke des jungen Führers der neuen Linken, (...)

Helft Angela


Wo sehen Sie Ansätze für die noch zu erarbeitende umfassende Theorie des modernen Kapitalismus? In der Marxschen Theorie, aber in einer Marxschen Theorie, die nicht zum Dogma erstarrt und die nicht zum Klischee erniedrigt wird, sondern deren Grundbegriffe dialektisch entwickelt werden, so daß (...)

Voraussetzungen der Revolution
Seit Sie vor zehn Jahren den „Eindimensionalen Menschen“ schrieben, hat sich vieles geändert, auch Sie selbst. In Ihrem jüngsten Buch, „Konterrevolution und Revolte“, gehtes weniger um Integrierung der Menschen ins System, als um deren Abkehr von der sich zersetzenden kapitalistischen Gesellschaft. (...)

Durch Vietnam vom Thron des Weltherrschers gestoßen, versucht der US-Imperialismus seine Vorherrschaft unter neuen, schwierigeren Bedingungen zurückzuerobern. Die Waffen sind, wie zur Zeit des Marshallplans, wirtschaftliche: Kredit- und Währungspolitik‚ Getreidemomonol usw. Die Kosten haben diesmal (...)
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Das ist machbar!

Daß man mit 81 immer noch kraftvoll philosophieren kann, bewies Herbert Marcuse, als er bei den Frankfurter Römerberggesprächen Mitte Mai zur aktuellen Technikdiskussion sprach. Prometheus brachte den Menschen das Feuer, und das war die Ursünde, die die Götter ihn büßen ließen ... Wir bringen (...)

Zum Begriff der Negation in der Dialektik


Am 19. Juli wurde Herbert Marcuse 80. Sein Freund und Schüler Rudi Dutschke schrieb diesen Geburtstagsartikel für das Mitglied unseres Redaktionsbeirats Ende Juni/Anfang Juli, für unser Sommerheft war’s leider zu spät. Im nachhinein: Alles Gute! 1 Begegnung des Augenblicks (Nostalgie und die (...)

Kopfarbeiter aller Länder, vereinigt euch!
0 Auf der Suche nach dem revolutionären Subjekt Ob Marcuse ein guter Philosoph war, weiß ich nicht. Ich glaub eher nicht. Aber es interessiert mich nicht wirklich. Den Lustgewinn, den Marcuse für uns Linke rehabilitiert hat, hol ich mir anderswo (Marx, Hegel, Augustinus). Hier geht’s nicht um (...)

Fun and Function?
Die Botschaft des Hedonismus, welcher behauptet, das Ziel des Menschens sei die Lust, sowie daß es nur auf den Genuß ankomme, klingt ja erstmal nach einer feinen Sache. Widersetzt sie sich doch scheinbar den nur allzu bekannten Prämissen des Alltags, unter denen mensch sein Leben zu fristen hat. (...)

Die Volkstanz-Veranstaltungen sind gut besucht und stellen — als dezidiert politische „Events“ — einen gewissen Anziehungspunkt für Leute aus der „Szene“ dar. Stellt diese Entwicklung eine ernsthafte radikale Politisierung subkultureller Zusammenhänge dar, oder handelt es sich bloß um eine kurzlebige (...)

Das Richtige im Falschen?
Angesichts der vor allem unter räsonierenden ApologetInnen des Status quo so beliebten Rede von der permissiven Sexualität, dem Ende der Tabus, ja gar von sexueller Freiheit, erscheint es ein wenig altmodisch, im Anschluss an Freuds Repressionsthese über den Zusammenhang von Zivilisation und (...)

Befreite Gesellschaft und Israel
Kritische Theorie ist das Gegenteil von linker Gesinnung. Rekapituliert man, was in den letzten vierzig Jahren so alles unter „die Linke“ firmierte und damit einen Anspruch darauf anmeldete, Teil einer umfassenden Emanzipationsbewegung zu sein, läßt sich in der Rückschau die Tatsache, daß die (...)

Jubiläen sind eine merkwürdige Sache. Wie schon im „Adorno-Jahr“ 2003 ist auch im Zusammenhang mit Sigmund Freuds 150. Geburtstag zu befürchten, dass sich die Anzahl der Veranstaltungen und Publikationen umgekehrt proportional zu einer vernünftigen Auseinandersetzung mit der Aktualität der (...)

Gerhard Scheit hat gründliche Arbeit geleistet. Er untersucht auf 616 Seiten den antisemitischen Wahn, der zum Völkermord an Juden geführt hat und auch zum Selbstmordterror im Heiligen Land. Gerhard Scheit versucht – sich auf die Frankfurter Schule stützend – mit den Mitteln der Philosophie und der (...)

Unser Alltag gehört zur Moderne. Nicht dass Menschen in vormodernen Zeiten nicht auch schon ihren Alltag gehabt hätten: nur war das Alltägliche weitgehend religiös gestaltet, mit reichlich Phantasie durchsetzt, die gerade half, von dem abzusehen, was heute eher als das Alltägliche erscheint – die (...)

Ein Gespräch mit der emeritierten Professorin und Ivan Illich-Schülerin Marianne Gronemeyer. RM: Frau Gronemeyer, in Ihrem Vortrag zur „Macht der Bedürfnisse“ von 2011 kündigen Sie an, die Geschichte des Zaunes schreiben zu wollen. Was ist daraus geworden? MG: Der Geschichte des Zaunes bin ich (...)